Zeit heilt alle Wunden, aber zurück bleiben Narben

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Es war der Abend, an dem mir eine Glühbirne hinfiel und in tausend Scherben zerbarst.

Ich war gerade dabei sie in eine Lampe zu drehen, als sie mir plötzlich aus den Fingern glitt.

Wo gerade noch Licht sein sollte, war auf einmal – gar nichts mehr. Mir wurde klar, wie schnell es gehen konnte mit dem ganzen Nichts.

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Noch ein paar Stunden zuvor saß ich mit meinem Mann im Kino.

Wir guckten „Rogue One“, Teil 8 der Star Wars-Trilogie. Also eigentlich Teil 3 ½ und eine Trilogie war es ja auch schon lange nicht mehr.

Als ganz am Ende Prinzessin Leia auftauchte, sagte ich vor lauter Rührung leise vor mich hin: „Oh Gott, ich muss weinen.“

Es war dieses Gefühl, wie wenn man einen alten Freund wieder trifft, den man seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hat.

Der Kontakt ist zwar zwischenzeitlich abgebrochen, aber egal wie viel Zeit auch vergangen sein mochte, wenn man sich dann wieder sieht, ist das Gefühl noch ganz das alte.

So war das zwischen Prinzessin Leia und mir.

Als wir den Saal verließen blickte ich auf mein Handy.

Eine Nachricht von meiner Schwester: „Weißt du es schon? Carrie Fisher ist tot.“

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Mir kamen sofort die Tränen.

Carrie Fisher, alias Prinzessin Leia, war eine große Heldin meiner Kindheit.

Viele mögen mich jetzt für bekloppt halten, deswegen zu weinen.

Ja, ich habe sie nicht gekannt, na und! Sie hat mich dennoch geprägt wie so viele andere Figuren und ihre wundervollen Abenteuer, die mich von klein an begleitet haben.

Sie haben zugesehen wie ich aufgewachsen bin, waren dabei als ich Fehler gemacht und nicht aus ihnen gelernt habe. Sie waren die Frauen, die ich einmal sein wollte und die Männer, von denen ich mir vorstellen konnte sie eines Tages zu lieben.

Meine kleinen Schwestern werden an dieser Stelle mit Sicherheit denken: „Oh Mann, Lilli ist aber alt geworden, die redet schon wie Mama.“

Aber auch sie werden eines Tages dasitzen und eine Träne verdrücken, wenn Justin Bieber sich aus Versehen mit Kerosin die Haare färbt und danach einen Joint auf seinem Kopf ausdrückt. Oder wenn eine ihrer geliebten Fashion Bloggerinnen bei einem Selfie auf einer Roof Top Bar einen Schritt zu viel macht.

So komisch es für viele klingen mag, aber der Tod von Carrie Fisher löste etwas in mir aus, das ich vorher nicht zulassen mochte.

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Nur ein paar Monate zuvor war eine sehr gute Freundin nach einer Operation am Herzen gestorben. Ihr Herz war zwar wieder heil, aber die Leber hatte sich entschieden, die Arbeit einzustellen.

Auf einmal hatte ich das Gefühl, 30 Jahre lang vom Thema Tod verschont worden zu sein.

Nun war die Schonfrist zu Ende.

Ist der Tod von nun an ein treuer Weggefährte? Und werde ich mich jemals an ihn gewöhnen können?

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Eltern und Großeltern sagen dir, der Tod gehört eben dazu, er ist ein Teil vom Leben. Doch hier und jetzt, in genau diesem Moment, wollte und konnte ich es nicht akzeptieren.

Ich wollte ihm ins Gesicht schauen und ihm zurufen, dass ich es nicht einfach hinnehmen würde. Jedes Mal, wenn ein Mensch stirbt, der uns in irgendeiner Weise eine Zeit lang begleitet hat, stirbt auch ein Teil von uns.

Die Erinnerung bleibt zwar, doch ist da auch die Gewissheit, dass mit genau dieser Person keine neue Geschichte hinzukommen wird.

Ich könnte nun damit enden, was wohl die meisten schreiben, wenn sie sich über den Tod Gedanken machen: Was bleibt ist die Erinnerung, bla bla bla.

Natürlich haben sie Recht.Tod geliebter mensch teil vom leben lilli Hollunder

Aber was vorerst bleibt, sind die Tage, an denen man wieder klarkommen muss.

Tage, an denen aus Trauer Leere wird.

Tage, an denen man irgendwo in sich selbst die Kraft finden muss, um wieder zu lachen und das Leben zu leben.

Mit der immer währenden Ahnung, dass eines Tages wieder ein Anruf, eine Nachricht kommt, die einem den Boden unter den Füßen wegreißt.

Ich vermisse meine Freundin jeden Tag.

Die Zeit heilt alle Wunden? Das stimmt. Aber zurück bleiben Narben, die ein Leben lang brennen und zwicken.

Und gleichzeitig ist es doch beruhigend, sie da zu wissen.

Nein, gewöhnen werden wir uns an den Tod sehr wahrscheinlich nicht.

Aber dasitzen und auf ihn warten, auf das letzte Kapitel – auf gar keinen Fall. Und wer weiß, vielleicht geht die Geschichte ja doch weiter, in einer anderen Galaxie…

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Danke lieber Oliver Reetz für die unglaublichen Fotos!!!

 

 

 

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18 Kommentare

  • Beantworten
    Nicole Otto
    14. Juli 2017 um 17:19

    Ja, der Tod ist kein schönes Thema, aber man kann ihm ja nicht entfliehen.
    Als meine Omi vor etwas mehr als 4 Jahren verstorben ist, hatte ich das Gefühl, dass mir jemand mein Herz aus der Brust reißt. Es hat sehr lange gedauert, diesen Verlust zu verschmerzen. Sie fehlt mir sooo unendlich.
    Wir können nur hoffen, dass wir alle noch ganz viel Zeit und schöne Augenblicke mit unseren Lieben haben…
    Du hast diesen Blog wieder sehr schön geschrieben, Lilli. Mach weiter so. Ich freu mich schon auf den Nächsten.
    Liebe Grüße aus der alten Heimat, Hamburg, von
    Nicole

    • Beantworten
      Lilli Hollunder
      14. Juli 2017 um 17:33

      Das tut mir sehr leid, Nicole!! Danke für dein Feedback, Recht hast du! Lass uns das Leben genießen!

    • Beantworten
      Marie Schupke
      14. Juli 2017 um 19:38

      Liebe Lilli.
      All das, was du hier schriebst. Was soll ich sagen? Ich denke so oft an den Tod. So oft bekomme ich es mit der Angst obwohl ich noch so jung bin. Auf der einen Seite sage ich mir, dass es noch viel zu früh ist über den Tod nachzudenken. Auf der anderen Seite kann es jeden Tag soweit sein, dass der Tod ganz nah an uns bzw. an mich heranrückt. So wie du es gesagt hat, mit deiner verstorbenen Freundin oder eben mit dem Tod von Carrie Fischer. Soetwas berührt uns. Da kann man machen was man will. Es lässt uns nicht los. Ich sollte vielleicht doch jeden Tag nutzen und das Leben genießen. Das vergesse ich leider immer wieder.
      Danke für diese ehrlichen Worte über dieses so schwere Thema. Du hast mir ein Stück weiter die Augen geöffnet.
      Alles Liebe.
      Marie

      • Beantworten
        Lilli Hollunder
        14. Juli 2017 um 20:58

        Liebe Marie, ich glaube wir alle haben Phasen im Leben, in denen wir mal mehr, mal weniger über den Tod nachdenken. Ich hatte diese Phase um meinen 30. Geburtstag.Ich habe darüber nachgedacht, dass ich ja so langsam ins Brustkrebs-Alter komme (hatten wir schon in der Familie). Ich finde, das ist normal und irgendwo ist das Bewusstsein um die eigene Sterblichkeit auch das, was uns anspornt, das Beste aus unserem Leben zu machen, ein guter Mensch zu sein und das Leben zu genießen. Sei dir dessen bewusst, aber zergrüble dir nicht den Kopf. Konzentrier dich lieber auf die schönen Dinge, die uns dieses Leben schenkt. Alles Gute!!

  • Beantworten
    Sabine
    14. Juli 2017 um 17:43

    Loslassen, wo wir festhalten möchten. Weitergehen, wo wir stehen bleiben möchten. Das sind die schwierigsten Aufgaben, vor die uns das Leben stellt. Weiter so liebe Lilli?

    • Beantworten
      Lilli Hollunder
      14. Juli 2017 um 17:49

      Danke für deine Worte, liebe Sabine!!

  • Beantworten
    Anna
    14. Juli 2017 um 18:13

    Genau wie du es sagst, es ist eben auch wichtig, die Tage zu sehen, die direkt dann kommen, wenn der Schock vorbei ist. Wenn Unverständnis in Trauer übergeht. Und das zu verarbeiten ist extrem hart, bringt uns aber auch weiter…❤ Sehr schöner Text, Lili!!

    • Beantworten
      Lilli Hollunder
      14. Juli 2017 um 18:54

      Danke, Anna! Es ist so schwer, und doch gehts weiter…

  • Beantworten
    Maike
    14. Juli 2017 um 19:23

    Vielen Dank für den tollen Text. Mein Papa ist gestern Abend auch eingeschlafen, man will es so lange nicht wahr haben, aber muss den Tod akzeptieren…
    Und solche Narben, werden wohl das ganze Leben einen begleiten.

    Liebe Grüße ❤

    • Beantworten
      Lilli Hollunder
      14. Juli 2017 um 20:53

      Liebe Maike, das tut mir so unendlich leid mit deinem Papa! Ich wünsche dir und deiner Familie von ganzem Herzen, Kraft und Hoffnung, und die Gewissheit, dass irgendwann das Lächeln zurück kommt! Alles alles Gute!!!!

  • Beantworten
    Michael
    14. Juli 2017 um 20:02

    Narben bleiben, ganz tief drin und schmerzen, ein Leben lang, mein Vater ist schon so lange nicht mehr da, aber ich vermisse ihn, jeden Tag !

    • Beantworten
      Lilli Hollunder
      14. Juli 2017 um 21:00

      Lieber Michael, ich finde die Narben manchmal unerträglich. Aber auf der anderen Seite ist, sind die Verstorbenen dadurch doch auch noch Teil von uns und vom Leben. Und geraten nicht in Vergessenheit. Tut mir leid mit deinem Vater!!

  • Beantworten
    Britta
    14. Juli 2017 um 21:13

    Liebe Lilli,

    ein toller Text und wunderbare Fotos!

    Mir ging es ganz ähnlich. Auch ich habe mir an diesem Abend (im Urlaub in Los Angeles) nichts ahnend Rouge One angeschaut und war entsetzt als ich, zurück im Hotelzimmer, von Carrie Fishers Tod erfahren habe. Ich mochte sie in der Rolle der Leia sehr gern und daher hat mich ihr Tod sehr berührt. Da macht’s auch nichts, dass ich sie, im Gegensatz zu meinen Omas, die beide in 2016 verstorben sind, nicht persönlich gekannt habe.

    Lieblingskünstler, egal ob Musiker, Schauspieler oder auch Fußballer, prägen einen doch trotzdem irgendwie. Man schaut ihre Filme (teilweise seit Kindesbeinen an immer wieder), interessiert sich für ihren Background, freut sich für sie wenn sie heiraten, leidet mit wenn die Beziehung in die Brüche geht oder wenn der Lieblingssportler eine schwere Verletzung erleidet und lange nicht spielen kann.

    Vielleicht schreibt man ihm sogar einen Brief zur Aufmunterung, oder in der modernen Zeit zumindest einen netten Kommentar in sein Social-Media-Profil. Ich bin sicher, das bekommt er durchaus mit und auch wenn er oder sie nicht alle Fans persönlich kennt, freut er sich, dass er nicht vergessen wird.

    Daher finde ich, man darf ruhig auch trauern wenn ein „Promi“, dessen Werk man sehr mochte, verstirbt.

    Allerdings sollte man nicht nur weinen, sondern sich durchaus auch an die schönen Zeiten erinnern (oder eben an die Filme) und das Andenken an den Menschen so bewahren. Denn auch wenn immer eine Lücke im Herzen bleiben wird, vor allem wenn es um verstorbene Freunde und Angehörige geht, so sind sie doch erst wirklich tot, wenn sie vergessen werden!

    In diesem Sinne, alles Liebe und Gute, viel Kraft und Kopf hoch! 🙂

  • Beantworten
    Jessica Wunder
    17. Juli 2017 um 8:03

    Liebe Lilli

    Wir kennen uns nicht persönlich, aber du schaffst es mit deiner Art zu schreiben mir aus der Seele zu sprechen. Ich danke dir dafür.

    Und ja, man wird älter, und ja, die Narben werden ein Leben lang dein Begleiter sein, und ja, auch wir dürfen weinen, auch vor unseren Kindern.

    Freundlich grüsst
    Jessica

    • Beantworten
      Lilli Hollunder
      23. Juli 2017 um 22:47

      Liebe Jessica, danke für deinen Beitrag! Liebe Grüße. Lilli

  • Beantworten
    Portraitfotos Lilli Hollunder - Oliver Reetz - Portraitfotograf & Werbefotograf aus Hamburg
    20. Juli 2017 um 14:39

    […] Portraitfotos von der Schauspielerin Lilli Hollunder (ARD Verbotene Liebe) für ihren Blog. Wir haben versucht bei den Fotos das Thema Trauer umzusetzen. Ihren Blog findest du unter http://www.littlehero.de […]

  • Beantworten
    Frank
    22. August 2018 um 12:20

    Wir duerfen nicht zulassen, dass die Narben uns veraendern, unzugaenglicher machen oder verschlossener. Dass wir Liebe nicht mehr zulassen, weil Liebe vergehen kann, oder eben ein Mensch. Dass wir Risiken scheuen, denn das Leben ist immer ein Risiko. Ein toller Text und ebensolche Bilder!

    • Beantworten
      Frank
      30. August 2019 um 8:21

      Irgendwie scbeint es mich einmal pro Jahr gerade hierher zu wehen. Das sind einfach wunderschöne melancholische Bilder. Ja und dieses „jedesmal stirbt dabei ein Teil auch von uns“, das sind genau die Schritte hin auf unseren eigenen Tod. Aber darin liegt kein Schrecken, sondern im Gegenteil, eine Verbindung zu denen, die wir loslassen mussten. Ein Trost und die Hoffnung, dass auch der eigene Tod nicht unbedingt mit Schrecken verbunden sein muss.

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