Premierenpickel und Applaustränen

Einige Jahre ist es her, dass ich auf einer Bühne stand. Seitdem ist viel passiert.

Außer in Köln habe ich in Berlin, Hamburg, London und Mainz gewohnt. Ich habe geheiratet und ähnlich wie Meghan Markle bin ich die Karriereleiter hinaufgeklettert.

Von einer kleinen, wilden Soap-Schauspielerin zu einer ernstzunehmenden Spielerfrau.

Mehr noch ist aus mir eine starke Persönlichkeit geworden. Die von ihrem Mann und ihrer Familie zwar noch immer nicht ernst genommen wird. Der dafür aber eine signifikante Zahl von Followern zu Füßen liegt.

Was wünscht ein Mädchen sich mehr?

Da war es doch nur eine Frage der Zeit, dass auch ein großes Stuttgarter Theater-Haus von diesem Glanz profitieren wollte.

Und so fand ich den Weg zurück auf die Bretter, die das Ländle bedeuteten.

Mit jedem Tag, der verging und die Premiere näherbrachte, betete ich, dass ich mir dieses Mal am Vorabend keinen schnellen Tod wünschen, sondern die Nerven behalten würde.

Stunden vor Beginn des ersten Aktes aber stellte ich mir die Frage, warum ich das alles tat.

Niemand zwang mich dazu!

Das sollte ich mir vielleicht merken, bevor ich beim nächsten Mal, naiv wie ich war, ein Theaterengagement annahm.

Hatte ich eigentlich schon immer Asthma oder fiel mir das erst jetzt auf? Gott, war das stickig hier.

Ich war jedoch beruhigt, als eine weitaus erfahrenere Kollegin sagte, dass es an solchen Tagen erst ab ca. 23 Uhr Spaß machte, Schauspielerin zu sein.

Ich war also nicht allein.

Diese Aussage beruhigte zwar mich, aber nicht meinen Darm. Keine weiteren Details dazu.

Aber was sollte schon schiefgehen?

Am Morgen der Premiere gab ich mir größte Mühe das zu erstellen, das manche einen Premierenpickel nennen. Ich nenne es Glückspickel.

Getrieben von Nervosität erkundete ich, ob unter einem totgeglaubten alten Pickel, der kurz vorm Erblassen war, doch noch etwas zu holen war. Negativ.

Und so erweckte ich ihn zu neuem rosigen Leben. Mitten auf meiner Nase, am Tag meiner Premiere.

Um meinen Selbsthass zu vertreiben, redete ich mir ein, dass dieser „kleine“ Schandfleck Glück bringen würde (wenn man an ihm rieb, ihn küsste, dabei Salz über die Schulter werfen und sich drei Mal um die eigene Achse drehen würde).

Also, ein echter Glücksfall!

Um Punkt 20 Uhr öffnete sich der Vorhang.

Meine Eltern, Schwestern und René saßen im Publikum.

Um 22.20 Uhr stand ich Hand in Hand mit meinen wundervollen Kollegen auf der Bühne, verbeugte mich und erinnerte mich, warum ich die Aufregung jederzeit wieder in Kauf nehmen würde.

Ja, mir kamen sogar ein paar Tränen.

So sehr hatte ich diesen Moment und dieses Gefühl vermisst.

Lilli Hollunder Spielerfrau Schauspielerin

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6 Kommentare

  • Beantworten
    Sabine Männchen
    30. November 2017 um 9:35

    Super geschrieben, Du bist eine ganz ganz ganz tolle Persönlichkeit ?. Kannst sehr stolz auf dich sein !!! Wünsche Dir von ?Herzen eine schöne Zeit ???.

  • Beantworten
    Ana
    30. November 2017 um 9:42

    Liebe Lilli,

    genieße die Zeit, in der Du schauspielerst.
    Es kommen bestimmt bald noch mehr Aufträge!
    Kopf hoch!

    Lg

  • Beantworten
    Ana
    30. November 2017 um 12:07

    Liebe Lilli,

    Kopf hoch! Es folgen immer mehr Aufträge! Lg

  • Beantworten
    Jenson
    30. November 2017 um 12:37

    ….ich hab ihn nicht gesehen……
    ….somit Alles Gut…..
    ??

  • Beantworten
    Jochen Weicker
    30. November 2017 um 23:58

    … schön seid Ihr Zwei – vergiss den Pickel 🙂

  • Beantworten
    Jenson
    3. Dezember 2017 um 11:11

    Lilli,
    a german ’sandra bullock‘???
    kind of? ?

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